Das Jahr 2011 für die Praxisärzte:
Zwang zur elektronischen Abrechnung ab 1. Januar
Zwang zur Einführung der „Ambulanten Kodierrichtlinien“
Zwang zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte im Schweinsgalopp (eine neue Rechtsverordnung, erlassen von Philipp Rösler am 25.1.2011)
Wir erinnern uns daran, was die FDP uns vor der Bundestagswahl in 2009 versprochen hatte: Sinngemäß Frau Flach zum Hamburger Abendblatt: Wenn die FDP nach der Wahl in der Regierung ist, könnten die bisher aufgelaufenen Kosten von 1,4 Milliarden für die eGK die letzten gewesen sein. Und sie sagte:
"Die elektronische Gesundheitskarte, eines der Leuchtturmprojekte der großen Koalition, ist gescheitert." (Statement nach der Anhörung zur eGK im Mai 2009)
Das Projekt ist tatsächlich schon im Vorwege gescheitert. Aber um dieses industriegetriebene Projekt dennoch realisieren zu können, erlässt Rösler jetzt eine neue Rechtsverordnung, die die bisherigen Rechtsgrundlagen für die Tests und die Einführungsphase vollständig verändern und so reduzieren, dass die Karte auch ohne die bisher vorgeschriebenen Tests eingeführt werden kann.
Was war bisher in den Richtlinien für die Tests seit 2005 vorgeschrieben?
Bisher sollte die eGK in 7 Testregionen VOR der Einführung zunächst an jeweils 10.000 Versicherten erprobt werden. Erst sollten alle Funktionen offline, das heißt ohne Internetzugang, anschließend online mit Internetanschluss getestet werden.
Die Tests mussten zwingend ausgewertet werden und die Fehler vor den nächsten Tests und natürlich vor der Einführung der Karte beseitigt werden. Auf die 10.0000er Tests sollten dann in einigen Testregionen Tests mit jeweils 100.0000 Versicherten erfolgen, zusätzlich online.
Was ist bisher passiert?
Mit einem inzwischen Milliardenaufwand an vor allem Versichertengeldern wurde OFFLINE bis 2008 getestet. Mit niederschmetternden Ergebnissen und total frustrierten Testärzten.
Nichts hat funktioniert. Die PIN-Nummern wurden von Ärzten und Patienten vergessen, das elektronische Rezept war der totale Reinfall, ebenso der geplante Notfalldatensatz auf der Karte. Insgesamt hat bei den Tests nicht die Technik dem Menschen geholfen, sondern die neue Karte hat die Arbeit in den Praxen und Apotheken lahmgelegt.
Sonntag, 6. Februar 2011
Wird 2011 zum Jahr der Bürokratieexplosion in den Arztpraxen?
Und jetzt?
Jetzt wurde in der neuen Rechtsverordnung, unterschrieben von Herrn Rösler, alles, was die Testphase betrifft, so auf ein Minimum reduziert, dass es möglich sein wird, die gescheiterte Karte trotz Nichtfunktion einzuführen, weil von 10.000er online und 100.000er Online Tests in den Testregionen gar nicht mehr die Rede ist. Alle Bestimmungen zeichnen sich durch äußerste Schwammigkeit und Kann-Regelungen aus.
Es wird von der "Parallelität von Einführungsphase und Tests“ gesprochen, so dass es möglich ist, die Karte eben einzuführen ohne sie vorher erfolgreich! getestet zu haben. Oder wozu macht man Tests???
Die "Ärztlichen Beiräte“ (es gibt einen in NRW) kommen in der neuen Richtlinie auch vor. Es "können Beiräte eingerichtet werden in den Testregionen". Ihre Aufgabe ist: Empfehlungen zur Durchführung der Testung sowie zur Eignung der getesteten Anwendungen für den Wirkbetrieb geben" (aus der neuen Richtlinie).
Die ärztlichen Beiräte der „Leistungserbringer“ sollen damit faktisch nach der neuen Rechtsverordnung ein Feigenblatt für die Gematik sein. Freiwillige Mitarbeit an einem gescheiterten Projekt der Gegenseite. Im klaren Gegensatz zu den guten Absichten der jetzt beteiligten Ärzte dort.
Es werden weiterhin Milliardenversichertengelder verschwendet werden.
Nach der Wahl wurde von CDU-CSU und FDP versprochen: Es gibt nur die Funktionalitäten auf der neuen Karte, die auch die alte hatte, plus Notfalldatensatz AUF der Karte. Keine zentrale Patientenakte in zentralen Servern.
Und jetzt?
Als erstes wird eine zentrale Patientenakte mit dem Namen elektronische Fallakte eingeführt, „verantwortet von der Deutschen Krankenhausgesellschaft". Was ist das?
Eine elektronische Patientenakte für die in den Krankenhäusern behandelten Patienten, vor allem die immer stärker werdenden privaten Klinikkonzerne forcieren das. Der Rhön-Vorstand hat schon vor Jahren angekündigt dass man sich davon eine höhere Rendite für die Aktionäre verspricht.
In Servern bei kommerziellen Anbietern werden die Daten zentral gespeichert. Zur „Vernetzung“ des stationären und ambulanten Sektors". Der ja auch von den Klinikkonzernen übernommen werden will. Dafür braucht man dann natürlich die übergreifende Patientenakte. Wer die Daten hat, hat die Macht.
Außerdem hat die Gematik (Einführungsorganisation) jetzt den Auftrag an das Fraunhofer-Institut erteilt, die ursprünglich als Kernstück der eGK geplante elektronische Patientenakte für jedermann ebenfalls zu entwickelt. Also doch alles Märchen, die uns nach der Wahl erzählt wurden.
Und ganz klar weiter geplant: das elektronische Rezept.
Hier hat Herr Bartmann, unser sogenannter „Vertreter“ aus dem Vorstand der Bundesärztekammer auf der Medica schon November 2010 sinngemäß gesagt: Auch das e-Rezept würde kommen, da sei man schon "gut dabei, das weiterzuentwickeln". Kommt dann einfach ein bisschen später im Zeitplan. Trotz aller ablehnenden Beschlüsse des Deutschen Ärztetages.
Zeitplan im Schweinsgalopp
Der neue Zeitplan. Nach Erlass der „Dritten Verordnung zur Änderung der Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (3.EGKTestÄndV) vom 25.1.2011 soll die „Anschaffungsperiode“ der Ärzte für die Lesegeräte am 1. April 2011 beginnen und bis zum 30. September laufen, damit ab 1.10.2011 die eGK in allen Praxen ausgelesen werden kann (Heise Online).
Denn die Krankenkassen müssen an 10 % ihrer Versicherten in diesem Jahr die Karten ausgeben wenn sie nicht 2 % ihrer jetzt von der Regierung zugewiesenen Verwaltungsausgaben verlieren wollen.
Kosten?
Die KBV und der Spitzenverband Bund haben sich darauf geeinigt, dass BIS ZU 850 Euro an die Praxen für Lesegeräte und Installation gezahlt werden. Also, für ein Lesegerät am Tresen und für ein mobiles aber nur für die Praxen, die Hausbesuche machen. Alle anderen werden deutlich weniger bekommen.
UND: Wenn man nicht möchte, dass alle sensiblen Praxisdaten online an eine unsichere bundesweite Monsterdatenstruktur mit den Kassen „angebunden“ wird muss man deutlich mehr als Praxisarzt für ein zweiten Lesegerät zahlen und die Helferinnen am Tresen müssen alle Karten 2 mal einlesen! Einmal in das Lesegerät mit der Kasseninternetstruktur und einmal in das Lesegerät, welches mit dem Praxisverwaltungssystem verbunden ist.
Ja, Datenschutz kostet eben für die Praxen. Zeit, Geld und die Nerven der Helferinnen. Es wird von den Regierenden als „zusätzliche Anwendung „deklariert die gefälligst von den „Leistungserbringern“ selbst zu finanzieren sei. Die “zusätzliche Anwendung“ ist der Schutz unserer Patientendaten!
Wir sehen: 2011 wird zum Jahr der Bürokratieexplosion in den Arztpraxen, zur Übernahme der Datenmacht im Gesundheitswesen durch die Gesundheitsindustrie und zum Jahr der Abschaffung der Privatsphäre der Bürger durch Entmachtung ihrer sensibelsten Daten, der Krankheitsdaten. Enteignung aus dem geschützten Raum des Verhältnisses zu ihren Ärzten des Vertrauens.
Dass damit am meisten die freiberuflichen Arztpraxen belastet werden, der Arztberuf deprofessionalisiert wird, das vertrauensvolle Arzt- Patientenverhältnis aufgebrochen und die Frustration der Leistungsträger in den Arztpraxen in 2011 maximiert wird, ein sicherlich nicht unbeabsichtigter Haupteffekt des Ganzen.
Dr. Silke Lüder
Hamburg
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- Teilnahme von Ärzten an der Erprobung der ersten Stufe der Telematik-Infrastruktur
- Ungeprüfte Fotos kompromittieren das gesamte Sicherheitskonzept des Mammut-Projektes-Das Gutachten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung KBV
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- Stoppt-die-e-Card-die bisherigen Versichertenkarten (KVK) gelten auch nach dem 1.1.2014 weiter