Pressemitteilung der Aktion „Stoppt
die e-Card“ vom 13.04.2015
"Kurz vor der Eröffnung der Medizin-IT-Messe
conhIT am Dienstag in Berlin fordert die Biotechnologie-Industrie
Anpassungen des Entwurfs zum E-Health-Gesetz von
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Sie will die künftig auf der
elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeicherten Patientendaten für
ihre Geschäfte nutzen. "Die erste Katze kommt nun aus dem Sack", sagte
Dr. Silke Lüder, Sprecherin der Aktion "Stoppt die e-Card", am Freitag
auf einem Treffen der bundesweiten Aktion in Hamburg. Die zahlreichen
Teilnehmer der Veranstaltung - beteiligte Verbände und Organisationen,
Patienten, Ärzte, Rechtsanwälte, Datenschützer und IT-Experten -
reagierten empört auf die Forderung der milliardenschweren
Biotech-Branche".
"Seit vielen Jahren warnen wir vor der Gefahr, dass Medizindaten ein
Geschäftsfeld werden", so Lüder weiter. "Wir sehen jetzt, dass das von
Minister Gröhe angekündigte Gesetz genau diese Begehrlichkeiten weckt.
Während der Gesetzentwurf für Ärzte und Patienten überwiegend
finanzielle Strafen und den Zwang zum Anschluss an eine zentrale
Telematik-Infrastruktur bereithält, hat die Medizinindustrie guten
Grund, sich auf lukrative Geschäfte mit Patientendaten zu freuen."
Auch
die angekündigten Vorteile des Notfalldatensatzes auf der eGK wurden
entzaubert. "Zum einen ist der Notfalldatensatz nur in Deutschland
nutzbar", erläuterte der Berliner Gynäkologe Dr. Klaus Günterberg. Eine
deutlich bessere Alternative sei der Europäische Notfallausweis auf
Papier in neun Sprachen. Zum anderen sei der e-Notfalldatensatz im
Notfall kaum zu gebrauchen: "Welcher Notarzt hat die Möglichkeit und
Zeit, zunächst auf dem Kartenchip der eGK nach eventuell vorhandenen
Daten und dann etwa noch nach einer Patientenverfügung im Haus eines
lebensbedrohlich Erkrankten zu suchen?" Günterberg kritisierte zudem
scharf die milliardenschwere Geldverschwendung dieses Projekts: "Diese
Gelder werden dringend für gute Medizin gebraucht."
Gabi Thiess,
Patientensprecherin der Aktion "Stoppt die e-Card", berichtete vom
kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG). Das
Gericht habe darin das Foto auf der eGK für rechtens erklärt und stelle
in seiner Begründung den Nutzen der Allgemeinheit vor das Recht des
Einzelnen. Mit keinem Wort aber sei das BSG auf die unsichere
Telematik-Infrastruktur eingegangen. Thiess: "Eine zentral verwaltete
Infrastruktur kann nicht sicher sein. Weder vor dem BSG noch in den
Vorinstanzen kam es aber zu einer Beweisaufnahme."
Die beim
Treffen anwesenden IT-Sicherheitsexperten und Informatiker betonten
erneut, dass im eGK-Projekt dezentrale Speicherung und sichere
Verschlüsselung der Daten sowie die Anonymisierung der Patienten ein
Irrglaube seien. Zudem könnten die Metadaten genutzt werden, um weitere
Informationen zu generieren. Letztlich kamen die Vertreter der an der
Aktion beteiligten Verbände zu dem Schluss: "Das E-Health-Gesetz von
Minister Gröhe gehört auf den Müllhaufen der Gesundheitspolitik."
Über die Aktion "Stoppt die e-Card"
"Stoppt
die e-Card" ist ein breites Bündnis von 54 Bürgerrechtsorganisationen,
Datenschützern, Patienten- und Ärzteverbänden. Unter anderem gehören
dazu: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Digitalcourage, Chaos
Computer Club, IPPNW, Freie Ärzteschaft e. V., NAV-Virchowbund, Deutsche
AIDS-Hilfe. Das Bündnis lehnt die eGK ab und fordert, das
milliardenschwere Projekt einzustampfen. Sprecher der Aktion "Stoppt die
e-Card" sind Dr. Silke Lüder, Gabi Thiess, Dr. Manfred Lotze und
Kai-Uwe Steffens.
http://www.presseportal.de/pm/72083/2994823/elektronische-gesundheitskarte-gesetz-schafft-goldgraeberstimmung-in-medizinindustrie