Wir machen den Weg frei für die e-Card - eine konzertierte Aktion von BMG, Industrie, Kassen, Presse und KV Nordrhein auf der Medica
Genau das ist gestern auf der Medica passiert, mit Ausgrenzung von Kritikern auf dem Podium: Basis-Ärzte wurden gar nicht mehr zugelassen. Das nenne ich Unterschlagung der Wirklichkeit, Falschdarstellung von Ärztetagsbeschlüssen, mit Werbeartikeln in der Ärztezeitung und der konsequenten Beteiligung von Ärztefunktionären an diesem Spiel.
Die Ärztebeschlüsse werden einfach ignoriert:
- Es gibt einen Ärztetagsbeschluss von 2007, der die e-Card ablehnt.
- Es gibt einen Ärztetagsbeschluss von 2008, der die e-Card ablehnt.
- Es gibt zahlreiche Beschlüsse von Ärztekammern, Vertreterversammlungen, Mitgliederversammlungen von Berufsverbänden, die alle die e-Card ablehnen.
- Es gibt einen aktuellen Beschluss der Vertreterversammlung der 56.000 Kassenzahnärzte, der KZBV, hier wird der Roll-Out der eGK abgelehnt und die verpflichtende Online-Anbindung der Zahnarztpraxen abgelehnt.
- Es gab im September eine gemeinsame Pressekonferenz der Hamburger KV, KZV, Zahnärztekammer, Apothekerkammer, Verbraucherzentrale , Selbsthilfeverband Fibromyalgie und Aktion " Stoppt die e-card( 44 Organisationen inzwischen bundesweit), bei der die Einführung der egK in Hamburg abgelehnt wird.
Statt dessen gab es auf der Medica:
Industrie, Kassen und Herrn Hansen von der KVNo, die unisono die Mär von "der Rollout kommt und die Ärzte und Zahnärzte sind alle dafür" verbreitet haben.
Man konnte allerdings leicht dagegen halten.
Zum Beispiel mit dem Ergebnis der neuesten Befragung der Ärzte von TNS healthcare. Danach sind 3/4 der Ärzte der Meinung dass die eGK die Kommunikation verschlechert, den Verwaltungsaufwand erhöht, die Kosten treibt und chronisch Kranke nicht besser betreut werden! (EHEALTH COM 20.11.2008)
Ist das Bundesministerium für Gesundheit auf die Forderungen des Ärztetages eingegangen? Online freiwillig und e-Rezept freiwillig?
F. Bartmann als " Telematikbeauftragter" der Bundesärztekammer hat gestern auf der Medica erneut verbreitet, dass die online-Anbindung doch für die Ärzte freiwillig und das e-Rezept zurückgestellt sei. Ich habe ihn konkret gefragt, wie ernst denn diese Information zu nehmen sei. Seine Antworten blieben unkonkret; in der weiteren Diskussion stellte sich aber klar heraus, dass die Kassenvertreter wie selbstverständlich davon ausgehen, dass die Ärzte, die die eGK online nicht anwenden, dann eben kein Geld mehr bekämen, das Gesetz müsse ja befolgt werden. Die online-Anbindung komme verpflichtend mit dem online-Versichertenstammdatendienst sofort nach der Einführung der Karte .
Den Ärzten und der Öffentlichkeit Sand in die Augen streuen, das ist die Devise.
Hansen hat gestern mit der Äußerung, die Ärzte seien alle für die e-Card, gezeigt, wessen Interessen er wirklich vertritt.
Hamburg: e-Card freie Zone?
Die Kinnlade fiel den Herren auf dem Podium jedenfalls herunter, als wir nochmal in der Diskussion das Hamburger Bündnis gegen die Karte vorgestellt haben, welches dann den " bundesweiten Karten-Rollout ja wohl doch etwas behindern würde als gallisches Dorf im Norden.
Das hatten sie alle noch nicht wirklich bemerkt: kein Wunder, das Deutsche Ärzteblatt hatte es ja konsequent vermieden, dieses ungewöhnliche Bündnis aus Ärzten, Apothekern, Zahnärzten und Patienten auch nur mit einem Wort zu erwähnen.
Die Ärztezeitung von heute passt dann auch noch gut ins Konzept: kein Wort von den kritischen Diskussionsbeiträgen, aber "Ärzte kriegen 1.000 Euro" für die Karte als Schlagzeile...
Es wird von 20 Millionen Euro geredet, die alles in Nordrhein nächstes Jahr kosten wird. Konsequent unterschlagen wurde auch gestern, dass die ersten Schritte des Pleiteprojektes e-Card nächstes Jahr die Versicherten und die Ärzte knapp
1 Milliarde Euro kosten wird.
Nur in 2009: e-Card Einführungskosten knapp 1 Milliarde Euro!
Zusammengesetzt aus: 660 Millionen Euro aus dem Gesundheitsfonds (Versichertengelder) für die e-Card, 70 Millionen für die gematik, und das ganze Geld für die Investitionen in einem Teil der Arztpraxen. Und das nur in 2009. Was kommt in den Folgejahren?
Das für eine Karte, die eine Attrappe ist.
Gestern war übrigens auf der Medica, im Unterschied zum Vorjahr, von den tradierten Berufsverbänden (Hartmannbund, NAV, Hausärzteverband, Medi, Marburger Bund, Facharztverbände, BDI) niemand vertreten, weder auf dem Podium, noch im Publikum für die kontroverse Diskussion. Nicht einer.
Dafür gab es Informatiker, Diplomwissenschaftler und alte "e-health Hasen" wie den Herausgeber des Telemedizinführer für Deutschland, die sich - wie wir auch - entschieden in die Diskussion eingebracht und gesagt haben, sie als Patienten wollen nicht, dass ihre Daten in zentrale Server kommen.
Die Mär von der Datensicherheit sei eine Illusion und in Zeiten neuer BKA-Gesetze könne niemand mehr dieses Mammutprojekt unterstützen.